Ruanda, meine zweite Heimat

Ruanda, meine zweite Heimat.

Hallo zusammen, wir sitzen gerade in Kigali – haben uns hier einen Platz gesucht, an dem wir eine zuverlässige Internetverbindung haben und wollen euch davon berichten, wie es uns in unseren ersten Tagen hier in Ruanda ergangen ist. Seit knapp fünf Tagen sind wir als erste L’appel Delegation 2016 in Ruanda.
Los ging es in Mainz, wo Alex und ich uns getroffen haben, um von dort aus ab Frankfurt über Addis Abbeba nach Kigali zu reisen.

Wer wir sind?

Ich bin Carla – Ruanda ist seit vielen Jahren und in vielen seiner Facetten ein bekanntes Land für mich, ich genieße Land, Sprache und Menschen. Als wir am Donnerstag vom Flughafen in unsere Unterkunft, das Isano Gästehaus, gefahren sind, hatte ich den Eindruck nie weg gewesen zu sein: die vertrauten Straßen und bekannten Gerüche mischten sich mit einer gewissen Vorfreude und Aufregung auf die nächsten drei Wochen hier.
Mit dabei ist Alex, den kennt ihr schon von der großen Sierra Leone Delegation 2015. Der Journalist von koon arts ist uns als L’appel verbunden geblieben und ist jetzt mit mir nach Ruanda gereist. Für ihn ist es mal wieder ein neues Land mit spannenden Geschichten. Für uns bedeutet das, mal wieder wunderschöne Aufnahmen in Bild und Ton zu erhalten und das von einem Menschen, der es gewohnt ist, Fragen zu stellen und so neue Perspektiven aufzuwerfen.
Nach etwa der Hälfte der Zeit wird Pia noch zu uns stoßen, aber von ihr erfahrt ihr dann selbst mehr.

Diese Reise wird aller Voraussicht nach nicht die einzige sein, die wir dieses Jahr nach Ruanda antreten, und dennoch, oder gerade deshalb, ist es eine besondere. Wie ihr wisst, wurde Ende letzten Jahres der Health Post in Kiruhura eröffnet, unser erstes Projekt vor Ort also (zunächst) abgeschlossen.

Neue Projekte klopfen an die Türe und es gibt Kapazitäten, denen wir in den nächsten drei Wochen ein Gesicht geben wollen: Eine Reise also, die gezeichnet ist von Planungsarbeit und offenen Ohren und Augen um Appelle zu sammeln. Ein Projekt, das während der letzten Reise sein Gesicht bekommen hat steht jetzt im Fokus: Die Imago Manufaktur. Hier werden wir Kooperativen besuchen und Gespräche führen.

Doch zurück ins Hier und Jetzt: 5 Tage sind wir schon im Land, wohnen im Isano Gästehaus und teilen uns ein Zimmer mit Jad, einem Freund den ich schon aus früheren Ruanda-Besuchen kenne.
Unserem Dreiergespann haftet übrigens die Beschreibung des interreligiösen Trios an, schließlich sind wir streng genommen eine Christin, ein Moslem und ein Jude, die hier gemeinsam durch das Land ziehen. Etwas das Emmanuel, unser Projektmanager und langjähriger Partner, nie zu erwähnen vergisst!

Nachdem wir bei der ersten Fahrt in die Innenstadt Alex fast in den Straßen Kigalis verloren hatten, ist mittlerweile die Beschäftigung “mit dem Moto durch die Stadt flitzten” elementarer Teil unserer Tage. Den ersten Tag haben wir genutzt, um die notwendigen Gänge zu machen und Alex mit der Stadt vertraut zu machen. So waren wir zum Beispiel im Genozid Memorial in Kigali, wo ca. 250 000 der Menschen, die während des Genozids 1994 umgekommen sind, beerdigt sind. Das Kigali Memorial ist eine nationale Gedenk- und Trauerstätte und zugleich ein Museum, dass auch für Ausländer die Hintergründe des Genozids und die Entwicklung des Landes sehr eindrücklich und gut beschreibt. Am Abend wurden wir von Emmanuel zu sich nach Hause eingeladen. Es war ein wunderschönes, sehr persönliches Treffen und wir beide waren (wieder) erfüllt von der ehrlichen Herzlichkeit und Freude, mit der wir empfangen wurden.

Am Samstag standen dann schon einige Meetings und Verabredungen an. Zunächst haben wir das Womens Center in Nyamirambo besucht, eine Kooperative, die seit 2009 besteht und für die Frauen der Gegend bezaubernde Textilprodukte herstellen und so für Gender Equality kämpfen und ihren Lebensunterhalt sichern können. Nächste Woche werden wir uns noch mit der Leiterin unterhalten – vielleicht eine Kooperation für IMAGO?

Auch bei dem Treffen mit Emmanuel am Abend ging es, neben der Planung der nächsten Wochen, um mögliche Kooperationsmöglichkeiten mit IMAGO. Er hat in den letzten Wochen in seiner Gemeinde eine Gruppe von Frauen unterstützt, die sich selbst Nähen beigebracht und verschiedene Taschenmodelle entworfen haben, die sie nun in einer Art Kooperative produzieren und verkaufen wollen. Eine tolle Initiative, die wir gerne durch IMAGO unterstützen wollen!

Nebenher füllt sich wie von selbst der Terminkalender für die nächsten Wochen. Wie erhofft, kommen wir von einer Begegnung zur nächsten und ich bin selbst noch gespannt, was wir alles erleben werden.

Heute und gestern jedenfalls besuchten wir bei die einzige Konstante unserer Projektarbeit in Ruanda: das Dorf Kiruhura. Am Sonntag sind wir um 6 Uhr morgens aufgebrochen um rechtzeitig zum Gottesdienst in Dorf zu sein, ein Erlebnis, das durch seine Einzigartigkeit bestechend ist! Wie das Schicksal es wollte, hat es natürlich genau in dem Moment, als wir aus dem Bus ausgestiegen sind, um den Rest des Weges mit Motorrädern zurückzulegen, angefangen aus allen Kübeln zu schütten. Dennoch sind wir, zwar etwas vermatscht, aber doch sicher und fast rechtzeitig, zum Gottesdienst angekommen.

In Kiruhura zu sein, ist immer etwas Besonderes. Das Dorf, in dem man sein Handy eigentlich gleich ausgeschaltet lassen kann, weil es keinen Strom (geschweige denn Netz) gibt, ist geprägt von Kinderlachen und dem Muhen der Kühe, von vielen Menschen, die dich nach zehn Minuten alle mit Namen kennen und dich voller Begeisterung und Freude umarmen und dich selbstverständlich auf Kinyarwanda begrüßen und nach Hause einladen. Und so haben wir diesen Sonntag Nachmittag damit verbracht mit zwei Freunden durch die Hügel der Region zu wandern und uns von deren Gedanken, Träumen und Sorgen erzählen zu lassen und dabei Appelle zu sammeln. Juvenal hat gerade seine Schule beendet und trotz guter Noten ist es für ihn als Waise schwer einen Job oder weitere Ausbildung zu finden bzw. zu finanzieren. Daher hat er sich entschlossen in Kiruhura eine Art Café zu eröffnen, in der die Nurses des Health Posts und die Lehrer der Schule Mittags etwas zu essen bekommen können. Ein Projekt, dass ich im Sinne der Förderung für selbstständiges Unternehmertum gerne unterstütze. Am Mittwoch soll’s losgehen, das nächste Mal können wir also schon einen Tee im Café Vision trinken!

Heute Morgen kamen Emmanuel und der Director des Health Centers Mulindi nach Kiruhura und so konnten wir gemeinsam den Health Post besichtigen und weitere Baumaßnahmen planen. Zu dem Zeitpunkt der Besichtigung saßen 6 Menschen im Warteraum. Die meisten davon Frauen mit Kindern, wobei nur eine davon des Kindes wegen da war, außerdem noch zwei Schuljungen. Die gängigsten Krankheiten sind, neben Würmern und Grippe, auch Pneumonie und Malaria. Vor Ort arbeiten zwei Krankenschwestern: eine, die für die Rezeption, sprich Patientenaufnahme bzw. Erstuntersuchung und das Labor zuständig ist, und eine weitere, die für die Behandlung verantwortlich ist. Es gibt drei Behandlungsräume. Der erste ist für reguläre Behandlungen bei Infektionen. Ein weiterer dient für gynäkologische Untersuchungen und im Notfall auch Geburten, falls es nicht mehr möglich ist die Frau nach Mulindi zu überstellen. Der Dritte Raum ist für die Behandlung von offenen Wunden. Im weiteren Gespräch ging es neben der Besichtigung der Räumlichkeiten auch um den aktuellen Bedarf und die Schwierigkeiten der Region. Der Director des Health Centers Mulindi hat uns erzählt, dass es in der ganzen Region keine Möglichkeit gibt Zahnbeschwerden zu behandeln. Die Idee ist daher, dass wir unseren Health Post in Kiruhura mit einem zweiten Gebäude in Form einer Zahnklinik ergänzen und damit eine Schlüsselrolle der gesundheitlichen Versorgung der Region innehaben. Dieses werde ich im Laufe der nächsten Woche mit der regionalen Regierung in Byumba besprechen. Ihr dürft euch also darauf gefasst machen, dass wir in diesem Jahr doch wieder von Kiruhura hören! 🙂